Kommission verabschiedet Erweiterungspaket 2024 - Europäische Kommission Zum Hauptinhalt
Enlargement and Eastern Neighbourhood
  • Presseartikel
  • 30. Oktober 2024
  • Generaldirektion Nachbarschaftspolitik und Erweiterungsverhandlungen
  • Lesedauer: 9 Min

Kommission verabschiedet Erweiterungspaket 2024

Die Europäische Kommission hat heute ihr jährliches Erweiterungspaket angenommen, das eine detaillierte Bewertung des Stands der Leistungen und der Fortschritte Albaniens, Bosniens und Herzegowinas, des Kosovos, Montenegros, Nordmazedoniens, Serbiens, Georgiens, der Republik Moldau, der Ukraine und der Türkei auf ihrem jeweiligen Weg zum EU-Beitritt enthält. Die Bewertungen werden von Empfehlungen und Leitlinien zu den Reformprioritäten begleitet.

Die Erweiterung ist eine historische Gelegenheit für die beitretenden Länder sowie für die derzeitigen Mitgliedstaaten und die EU insgesamt. Eine größere und stärkere Union bietet erhebliche soziale, wirtschaftliche, politische und sicherheitspolitische Vorteile.

Die Präsidentin der Europäischen Kommission, Ursula von der Leyen‚ erklärte: „Die angespannte geopolitische Lage macht es dringender denn je, dass wir die Wiedervereinigung unseres Kontinents im Zeichen der Werte der Demokratie und der Rechtsstaatlichkeit vervollständigen. Wir haben bereits in den letzten Jahren große Schritte in Richtung auf die Integration neuer Mitgliedstaaten gemacht. Die Erweiterung bleibt eine der obersten Prioritäten der neuen Kommission.“

Der Erweiterungsprozess bleibt leistungsorientiert und hängt von den objektiven Fortschritten des jeweiligen Partners ab. Dies erfordert die feste Entschlossenheit, unumkehrbare Reformen in allen Bereichen des EU-Rechts durchzuführen, wobei den wesentlichen Elementen des Beitrittsprozesses besondere Berücksichtigung gebührt. Demokratie, Rechtsstaatlichkeit und die Grundwerte werden weiterhin die Eckpfeiler der Erweiterungspolitik der EU bilden. Die EU-Mitgliedschaft bleibt eine strategische Entscheidung.

Der Erweiterungsprozess hat in den Jahren 2023 und 2024 neue Impulse erhalten. Mit Albanien wurde am 15. Oktober 2024 das Cluster „Wesentliche Elemente“ eröffnet. Beitrittsverhandlungen mit der Ukraine und der Republik Moldau wurden auf den ersten Regierungskonferenzen im Juni 2024 eingeleitet. Nachdem Montenegro die Zwischenbenchmarks für die Kapitel über die Rechtsstaatlichkeit erfüllt hat, ist es nun im Begriff, weitere Verhandlungskapitel vorläufig abzuschließen. Im März 2024 beschloss der Europäische Rat die Aufnahme von Beitrittsverhandlungen mit Bosnien und Herzegowina. Der Screening-Prozess mit Albanien und Nordmazedonien wurde Ende 2023 abgeschlossen.

Im Juni 2024 wurde auf der Regierungskonferenz bestätigt, dass Montenegro die Zwischenbenchmarks für die Kapitel 23 und 24 über die Rechtsstaatlichkeit insgesamt erfüllt hat, womit die Möglichkeit gegeben ist, weitere Kapitel vorläufig abzuschließen, sofern die Bedingungen erfüllt sind. Im Bereich der Rechtsstaatlichkeit und im Justizwesen sind weitere Fortschritte erforderlich.

Die Bewertung der Kommission, wonach Serbien die Benchmarks für die Eröffnung von Cluster 3 (Wettbewerbsfähigkeit und inklusives Wachstum) technisch erfüllt, hat nach wie vor Bestand. Es wird erwartet, dass Serbien im kommenden Jahr in allen Bereichen die Arbeiten zur Umsetzung der mit dem EU-Beitritt zusammenhängenden Reformen beschleunigt und dabei einen Schwerpunkt auf die Zwischenbenchmarks für die Rechtsstaatlichkeit und die Schaffung günstiger Rahmenbedingungen für die Zivilgesellschaft und die Medien legt und glaubwürdige Anstrengungen zur Bekämpfung von Desinformation und ausländischer Informationsmanipulation unternimmt.

Was Albanien angeht, so begrüßt die Kommission die Aufnahme von Verhandlungen über den Cluster „Wesentliche Elemente“ auf der zweiten Regierungskonferenz am 15. Oktober 2024. Es ist von entscheidender Bedeutung, dass die Behörden die EU-orientierten Reformen weiter beschleunigen, insbesondere in Bezug auf die Rechtsstaatlichkeit, die Konsolidierung der Erfolgsbilanz im Bereich der Strafverfolgung und der wirksamen Bekämpfung von Korruption und organisierter Kriminalität sowie die Stärkung der Grundrechte, auch im Hinblick auf die Medienfreiheit, die Eigentumsrechte und die Minderheiten.

Nordmazedonien muss die Umsetzung der EU-orientierten Reformen weiter vorantreiben, und zwar insbesondere im Rahmen des Clusters „Wesentliche Elemente“ und dort in den Bereichen Gerichtsbarkeit und Bekämpfung von Korruption und organisierter Kriminalität. Das Vertrauen in das Justizsystem muss gestärkt werden. Die Screening-Sitzungen für alle sechs Cluster des EU-Besitzstands wurden im Dezember 2023 abgeschlossen.

Bosnien und Herzegowina hat greifbare Ergebnisse erzielt, unter anderem im Hinblick auf die Migrationssteuerung, die uneingeschränkte Ausrichtung an der Gemeinsamen Außen- und Sicherheitspolitik der EU sowie die Annahme von Rechtsvorschriften über die Integrität der Justiz, die Bekämpfung der Geldwäsche sowie Interessenkonflikte. Im März 2024 beschloss der Europäische Rat die Aufnahme von Beitrittsverhandlungen mit Bosnien und Herzegowina. Die Kommission arbeitet derzeit den Verhandlungsrahmen aus, damit der Rat ihn annehmen kann, sobald alle in der Empfehlung der Kommission von Oktober 2022 genannten Schritte durchgeführt wurden.

Das Kosovo hat im Dezember 2022 einen Antrag auf EU-Mitgliedschaft gestellt. Die Kommission hält sich bereit, eine Stellungnahme zum Beitrittsantrag des Kosovos auszuarbeiten, sobald der Rat darum ersucht. Bei der Bekämpfung der organisierten Kriminalität wurden Fortschritte erzielt und die Rahmenbedingungen für Unternehmen verbessert. Die Visaliberalisierung für das Kosovo trat am 1. Januar 2024 in Kraft. Das Land muss seine Anstrengungen zur Stärkung der Rechtsstaatlichkeit und der öffentlichen Verwaltung sowie zum Schutz der Meinungsfreiheit intensivieren.

Die Aufnahme von Beitrittsverhandlungen mit der Ukraine stellte eine wichtige Anerkennung der Entschlossenheit des Landes dar, auf dem Weg zum EU-Beitritt Reformen durchzuführen. Nach der ersten Regierungskonferenz im Juni 2024 macht die eingehende Prüfung des Besitzstands, das sogenannte Screening, gute Fortschritte. Sofern die Ukraine alle Bedingungen erfüllt, sieht die Kommission einer möglichst baldigen Aufnahme von Verhandlungen über Cluster im Jahr 2025 entgegen, und zwar zunächst über das Cluster „Wesentliche Elemente“.

Die Aufnahme von Beitrittsverhandlungen mit der Republik Moldau stellte eine wichtige Anerkennung der Entschlossenheit des Landes dar, trotz der anhaltenden Einmischung Russlands und der Auswirkungen des russischen Angriffskriegs gegen die Ukraine auf dem Weg zum EU-Beitritt Reformen durchzuführen.  Nach der ersten Regierungskonferenz im Juni 2024 macht die eingehende Prüfung des Besitzstands, das sogenannte Screening, gute Fortschritte. Sofern die Republik Moldau alle Bedingungen erfüllt, sieht die Kommission einer möglichst baldigen Aufnahme von Verhandlungen über Cluster im Jahr 2025 entgegen, und zwar zunächst über das Cluster „Wesentliche Elemente“.

Zwar hatte der Europäische Rat Georgien im Dezember 2023 den Kandidatenstatus zuerkannt, doch wurde der EU-Beitrittsprozess aufgrund der von der georgischen Regierung seit dem Frühjahr 2024 ergriffenen Maßnahmen in der Zwischenzeit de facto zum Stillstand gebracht. Am 26. Oktober 2024 waren die georgischen Bürgerinnen und Bürger zur Teilnahme an Parlamentswahlen aufgerufen. In den vorläufigen Ergebnissen der gemeinsamen internationalen Wahlbeobachtungsmission unter der Leitung des OSZE-Büros für demokratische Institutionen und Menschenrechte (OSZE/BDIMR) werden eine Reihe von Mängeln benannt, die in einem angespannten und hochgradig polarisierten Klima aufgetreten sind. Dazu gehören etwa die jüngsten Änderungen an der Wahlgesetzgebung, die häufige Beeinträchtigung des Wahlgeheimnisses, verfahrenstechnische Inkonsistenzen, Einschüchterung und Druck auf Wählerinnen und Wähler. All dies hat sich negativ auf das Vertrauen der Öffentlichkeit in den Wahlprozess ausgewirkt. Die vorläufigen Ergebnisse bestätigen, dass eine umfassende Wahlreform erforderlich ist, wie dies bereits in zentralen Empfehlungen in der Vergangenheit hervorgehoben wurde.

Die Türkei ist ein Beitrittskandidat und ein wichtiger Partner für die Europäische Union. Die Beitrittsverhandlungen mit dem Land sind jedoch seit 2018 im Einklang mit dem Beschluss des Rates zum Stillstand gekommen. Ernste Bedenken bestehen nach wie vor in den Bereichen Grundrechte und Rechtsstaatlichkeit, einschließlich der Unabhängigkeit der Justiz. Der Dialog über Grundrechte und Rechtsstaatlichkeit bleibt ein integraler Bestandteil des Verhältnisses zwischen der EU und der Türkei. Nach Verabschiedung der Leitlinien des Europäischen Rates vom April 2024 sind die Beziehungen zur Türkei durch eine schrittweise Wiederannäherung gekennzeichnet. Zudem sind konkrete Schritte für einen konstruktiven Austausch über Themen von beiderseitigem Interesse unternommen worden.

Nächste Schritte

Nun ist es am Rat, die heutigen Empfehlungen der Kommission zu prüfen und Beschlüsse über die nächsten Schritte im Erweiterungsprozess zu fassen.

Hintergrund

Die Erweiterung der EU wird den derzeitigen und den künftigen Mitgliedstaaten beträchtliche soziale und wirtschaftliche Vorteile bringen. Der Binnenmarkt und die steigenden Zahl der Verbraucherinnen und Verbraucher eröffnet den Unternehmen große Möglichkeiten, zu expandieren bzw. freier Handel zu treiben. Um mittelfristig nachhaltiges Wachstum zu ermöglichen und Fortschritte bei der Erfüllung der wirtschaftlichen Kriterien für die EU-Mitgliedschaft zu erzielen, wird es immer wichtiger, dass die Erweiterungsländer die Strukturreformen beschleunigen. Dazu gehört die Gewährleistung funktionierender Marktwirtschaften und der Nachweis der Fähigkeit, dem Wettbewerbsdruck und den Marktkräften innerhalb der EU standzuhalten. Die Wirtschaftspolitik sollte auch ehrgeizige Ziele im Rahmen des ökologischen und des digitalen Wandels unterstützen.

Neue Instrumente fördern die soziale und wirtschaftliche Entwicklung in unseren Partnerländern. Im Rahmen der Beschleunigung des Beitrittsprozesses ziehen wir einige der Vorteile der mit dem Binnenmarkt verbundenen Vorteile zeitlich vor und erhöhen die finanzielle Unterstützung für unsere Partner, um ihnen eine schrittweise Integration und Verankerung in der EU zu ermöglichen. Zusätzlich zu den erfolgreichen Wirtschafts- und Investitionsplänen schaffen der Wachstumsplan für den Westbalkan mit seiner mit 6 Mrd. EUR ausgestatteten Reform- und Wachstumsfazilität und die auf 50 Mrd. EUR veranschlagte Ukraine-Fazilität Anreize für Reformen, in deren Mittelpunkt Justiz und Rechtsstaatlichkeit stehen. In ähnlicher Weise stellte die Kommission am 10. Oktober 2024 den Wachstumsplan für die Republik Moldau mit seiner mit 1,8 Mrd. EUR ausgestatteten Reform- und Wachstumsfazilität vor, um die sozialen und wirtschaftlichen Reformen und Investitionen des Landes zu unterstützen.

Weitere Informationen

Mitteilung 2024 über die Erweiterungspolitik der EU

Ausführungen des Hohen Vertreters/Vizepräsidenten Borrell und von Kommissar Várhelyi auf der Pressekonferenz

Factsheet zum EU-Beitrittsprozess

Für Einzelheiten zu den Feststellungen und Empfehlungen zu den einzelnen Ländern siehe:

Albanien: BerichtLänderfactsheet

Bosnien und Herzegowina: BerichtLänderfactsheet

Kosovo: BerichtLänderfactsheet

Montenegro: BerichtLänderfactsheet

NordmazedonienBerichtLänderfactsheet

SerbienBerichtLänderfactsheet

Türkei: BerichtLänderfactsheet

Ukraine: BerichtLänderfactsheet

Republik MoldauBerichtLänderfactsheet

GeorgienBerichtLänderfactsheet

Die angespannte geopolitische Lage macht es dringender denn je, dass wir die Wiedervereinigung unseres Kontinents im Zeichen der Werte der Demokratie und der Rechtsstaatlichkeit vervollständigen. Wir haben bereits in den letzten Jahren große Schritte in Richtung auf die Integration neuer Mitgliedstaaten gemacht. Die Erweiterung bleibt eine der obersten Prioritäten der neuen Kommission.

Ursula von der Leyen, Präsidentin der Europäischen Kommission

Die letzten fünf Jahre waren von beispiellosen Herausforderungen geprägt, die die Bedeutung neuer Impulse für die Erweiterung der EU deutlich gemacht haben. Und unsere Partner haben dies ernst genommen. Mehr denn je ist die EU-Mitgliedschaft eine strategische Entscheidung. Die Ausrichtung an den EU-Werten, beginnend bei der Rechtsstaatlichkeit, und der Gemeinsamen Außen- und Sicherheitspolitik der EU ist ein bedeutsames Zeichen der strategischen Orientierung im neuen geopolitischen Kontext. Durch unseren leistungsorientierten Prozess errichten wir gemeinsam eine stärkere Union.

Hoher Vertreter/Vizepräsident Josep Borrell

Die Erweiterungspolitik stellt eine geostrategische Investition in Frieden, Stabilität, Sicherheit und soziale und wirtschaftliche Entwicklung in Europa insgesamt dar. Unser jährliches Erweiterungspaket liefert in Verbindung mit klaren Leitlinien eine sachliche und faire Bewertung der Fortschritte unserer Partner, anhand deren sie ermitteln können, in welchen Bereichen sie mit beschleunigten Reformen schneller auf dem Weg zur EU-Mitgliedschaft vorankommen können. Im Rahmen der Wirtschafts- und Investitionspläne, der Ukraine-Fazilität und der Wachstumspläne für den Westbalkan und die Republik Moldau haben wir zusätzliche Instrumente eingeführt, um die Länder in ihrer sozialen und wirtschaftlichen Konvergenz und ihren Reformbemühungen auf dem Weg in die EU zu unterstützen.

Olivér Várhelyi‚ Kommissar für Nachbarschaft und Erweiterung

Einzelheiten

Datum der Veröffentlichung
30. Oktober 2024
Autor
Generaldirektion Nachbarschaftspolitik und Erweiterungsverhandlungen